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Anwaltliches Werberecht

Der BGH hat kürzlich zwei neue Entscheidungen im Werberecht von Berufsträgern (Rechtsanwälte und Zahnärzte) getroffen.

Anwaltswerbung mit Kammervorstand

Zunächst hat der Wettbewerbssenat (BGH Urt. v. 22.7.2021 – I ZR 123/20) entschieden, dass die im Internetauftritt einer Rechtsanwältin enthaltene unzutreffende Behauptung, derzeit Mitglied der Vorstandsabteilung für Vermittlungen einer Rechtsanwaltskammer zu sein, eine irreführende geschäftliche Handlung darstelle, die auch dann im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, wenn in der Vergangenheit eine solche Mitgliedschaft bestanden habe.

Diesem Streit unter Anbietern von Rechtsanwaltsdienstleistungen war vorausgegangen, dass die beiden Parteien früher einmal zusammen im Rahmen einer gemeinsamen Berufsausübung zusammen arbeiteten und sich jetzt klassischerweise nachträglich mit wettbewerbsrechtlichen Verfahren überzogen. Auf der von der Beklagten betriebenen Internetseite war auf der Unterseite „Anwälte“ und der Rubrik „Besondere Aktivitäten“ aufgeführt, dass die Rechtsanwältin „Mitglied der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München“ sei, wobei sie seit 2012 nicht mehr Mitglied der Vorstandsabteilung XII der Rechtsanwaltskammer München war.

Facharztbezeichnungen

Ferner hat der Wettbewerbssenat (BGH Urt. v. 29.7.2021 – I ZR 114/20) entschieden, dass bei der Werbung mit Fachkenntnissen – seien es Fachanwalts-, Fachberater- oder Facharztbezeichnungen – besondere Sorgfalt begründet werden muss. Werbe daher ein Zahnarzt, der nicht Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist, mit den Angaben „Kieferorthopädie“ und „(Zahnarzt-)Praxis für Kieferorthopädie“, müsse er der dadurch ausgelösten Fehlvorstellung eines erheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise, er sei Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, durch zumutbare Aufklärung entgegenwirken. Daher müsse der Zahnarzt der durch die streitgegenständlichen Angaben „Kieferorthopädie“ und „(Zahnarzt-)Praxis für Kieferorthopädie“ ausgelösten Fehlvorstellung eines erheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise, er sei Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, durch zumutbare Aufklärung entgegenwirken.

Tätigkeitsschwerpunkt

Jedoch könne der Zahnarzt nicht darauf verwiesen werden, den Begriff „Kieferorthopädie“ generell nur gemäß § 13 Abs. 5 Berufsordnung unter Voranstellung des Wortes „Tätigkeitsschwerpunkt“ zu verwenden. Einem Zahnarzt muss es grundsätzlich möglich sein, für die Erbringung von kieferorthopädischen Leistungen zu werben, die ihm auch dann erlaubt ist, wenn er kein Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist und die Voraussetzungen für den Ausweis eines diesbezüglichen Tätigkeitsschwerpunkts nicht erfüllt. Ein generelles Verbot solcher Werbung durch „einfache“ approbierte Zahnärzte stellte einen unverhältnismäßigen und daher nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit dar. Daher kann auch einem Zahnarzt, der – wie der Beklagte – personenbezogen einen Tätigkeitsschwerpunkt Kieferorthopädie ausweisen darf, die von der Voranstellung des Worts „Tätigkeitsschwerpunkt“ losgelöste Verwendung des Begriffs „Kieferorthopädie“ für die werbende Beschreibung seiner Tätigkeit nicht generell untersagt werden.

Nichtsdestotrotz nähere sich der Zahnarzt durch die Verwendung der Begriffe „Kieferorthopädie“ und „(Zahnarzt-)Praxis für Kieferorthopädie“ der Bezeichnung „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ an. Entgegen der Ansicht der Revision liegt hierin jedoch keine Spitzenstellungsbehauptung. Eine solche hat der Senat bei der Werbung eines Rechtsanwalts mit der Angabe „Spezialist für Familienrecht“ mit Blick auf eine Verwechslungsgefahr zwischen dieser Bezeichnung und der Bezeichnung „Fachanwalt für Familienrecht“ angenommen (vgl. BGH, GRUR 2015, 286 Rn. 24 f. und 27 – Spezialist für Familienrecht). Vor dem Hintergrund, dass Rechtsanwälte – wie Zahnärzte – nicht auf eine Tätigkeit innerhalb eines Fachgebiets beschränkt sind, ist diese Rechtsprechung zwar grundsätzlich auf die Werbung eines Zahnarztes übertragbar. Die Angaben des Beklagten enthalten bei objektiver Betrachtung jedoch keine mit der Bezeichnung „Spezialist für …“ vergleichbare Spitzenstellungsbehauptung. Die Fehlvorstellung eines erheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise, kieferorthopädische Behandlungen dürften nur von Fachzahnärzten für Kieferorthopädie durchgeführt werden, resultiert nicht aus der vom Beklagten gewählten Bezeichnung, sondern aus den bei weiten Teilen der angesprochenen Verkehrskreise fehlenden Kenntnissen des einschlägigen Berufsrechts. Auch für die Annahme, der Beklagte hätte sich diese Fehlvorstellung gezielt zunutze gemacht, bieten die Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anhaltspunkt.