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Falsches Aktenzeichen, dennoch fristwahrend

BGH zum Eingang eines Schriftsatzes beim Gericht

Der BGH (Beschl. v. 12.3.2024 – VI ZR 166/22) hatte sich kürzlich mit einem Schreibfehler im Aktenzeichen und der fehlerhaften Zuordnung des Schriftstückes beim Oberlandesgericht zu befassen und sich zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Falle der Nichtberücksichtigung einer zwar rechtzeitig bei Gericht eingegangenen, aber nicht zur Verfahrensakte gelangten Stellungnahme zu einem gerichtlichen Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO geäußert.

Aktenzeichen Schreibfehler

Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich die Klägerin innerhalb der (verlängerten) Stellungnahmefrist nicht mehr zu einem Hinweisbeschluss geäußert habe. Am letzten Tag der Frist sein ein Schriftsatz der Klägervertreter beim Berufungsgericht eingegangen, der eine Stellungnahme zum Hinweisbeschluss enthält. Dieser wurde allerdings aufgrund eines Schreibversehens der anwaltlichen Vertreter der Klägerin bei der Angabe des Aktenzeichens („99 U 25/22“ statt „9 U 25/22“) auf Geschäftsstellenebene zunächst dem falschen Senat (Eingangssenat) zugeordnet und dem Berichterstatter des Berufungssenats erst nach Versendung eines Zurückweisungsbeschlusses vorgelegt.

Gewährung rechtlichen Gehörs

Grundsätzlich verstößt das Gericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn es einen ordnungsgemäß eingegangenen Schriftsatz nicht berücksichtigt, wobei es auf ein Verschulden des Gerichts nicht ankommt. Im Hinblick auf eine einzuhaltende Frist ist für den Eingang des Schriftsatzes und daher für die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch das Gericht allein entscheidend, ob der Schriftsatz vor Ablauf der Frist an das zur Entscheidung berufende Gericht gelangt ist, was hier der Fall war. Unerheblich ist dagegen, ob der Schriftsatz innerhalb der Frist in die für die Sache bereits angelegte Akte eingeordnet worden ist. Da der Rechtsuchende keinen Einfluss darauf hat, welche Richter im Einzelnen durch die Geschäftsverteilung zur Bearbeitung der Sache bestimmt worden sind, braucht er keine Sorge dafür zu treffen, dass seine Eingabe innerhalb des angerufenen Gerichts unverzüglich in die richtige Akte gelangt.

Kein „gesetzliches“ Aktenzeichen

Demgemäß schreibt das Gesetz in den § 129 Abs. 1, § 130 ZPO die Angabe eines bereits zugeordneten und mitgeteilten Aktenzeichens nicht vor. Die Angabe eines Aktenzeichens soll die Weiterleitung innerhalb des Gerichts erleichtern und für eine rasche Bearbeitung sorgen.

Es handelt sich um eine Ordnungsmaßnahme, die für die Sachentscheidung ohne Bedeutung ist. Dem Schriftsatz muss jedoch zweifelsfrei zu entnehmen sein, zu welchem Verfahren er eingereicht werden soll. Dies war vorliegend der Fall, weil die Parteien des Rechtsstreits im Schriftsatz der Klägerin korrekt angegeben waren und zudem durch die Bezugnahme auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts deutlich wurde, welchem Verfahren die Ausführungen zuzuordnen waren.