Wechsel des Vertragsverhältnisses nach der Pandemie?
Nachdem zu erwarten ist, dass die Regelungen zum Home-Office, die Anfang dieses Jahres im Zuge der COVID-19 Pandemie eingeführt worden sind, zum 30.06. auslaufen werden, tragen sich Arbeitgeber vermehrt mit dem Gedanken, wie künftig mit dem Thema Home-Office und dem u.U. bestehenden Wunsch von Arbeitnehmern, weiter im Home-Office zu verbleiben, umzugehen ist. Insbesondere in Konstellationen, in denen Arbeitnehmer sich keine hybriden Lösungen vorstellen können, sondern eine Tätigkeit im Home-Office über die gesamte Arbeitswoche vorstellen, könnte der Gedanke aufkommen, mit diesen Arbeitnehmern einen Wechsel in die Freie Mitarbeit zu vereinbaren – vermeintlich ein „Win/Win“ für beide Parteien?
Was auf den ersten Blick eine realistische Option zu sein scheint, ist bei rechtlicher Betrachtung mit ganz erheblichen Risiken verbunden und zwar primär für den Arbeitgeber.
Entscheidung des LSG Hamburg zu Bewertung der Tätigkeit im Home-Office
Erst kürzlich hat sich das LSG Hamburg mit der folgenden Konstellation befasst:
Ein Unternehmen betreibt in der Rechtsform der GmbH den Vertreib, Handel, Import, Produktion und Planung von LED-Leuchtsystemen und anderen Produkten sowie Beratung für energieeffiziente Beleuchtungssysteme. Das Gericht hatte über den Status einer „Mitarbeiterin“ zu befinden, die im Bereich Kundenakquise im Home-Office ohne eigene Mitarbeiter auf der Basis eines Dienstleistungsverhältnisses tätig war. Sie nutzte einen Laptop des Unternehmens und griff auf die firmeneigene Software zu, um Beratungstermine zu vereinbaren. Teilweise agierte sie nach den Vorgaben des Unternehmens, teilweise autark. Es war ein fester Arbeitszeitrahmen pro Woche, zum Teil pro Monat festgelegt und ein fester Stundensatz. Zeiten wurden nicht erfasst, Urlaub und Krankheit nicht vergütet. Die „Mitarbeiterin“ hatte auch andere Auftraggeber. Auf der Homepage des Unternehmens war sie für den Bereich Marketing aufgeführt (LSG Hamburg, Urt. v. 26.01.2021 – L 3 BA 25/19).
Eine nach erfolgter Betriebsprüfung eingeleitetes Statusfeststellungsverhältnis führte dazu, dass das Bestehen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde. Das erstinstanzliche Gericht hat diese Einordnung bestätigt und dabei zur Begründung insbesondere abgestellt auf die Nutzung des firmeneigenen Laptops mit Nutzung der Software und der Kalenderfunktion des Unternehmens, die Integration in den Internetauftritt des Unternehmens und die Vorgabe eines meist wöchentlichen Zeitkontingents verbunden mit einem festen Stundensatz, weswegen insgesamt nur von einem geringen unternehmerischen Risiko auszugehen sei.
Das LSG hat ergänzend klargestellt: „Der Umstand, dass die „Mitarbeiterin“ zu Hause arbeitet und insoweit keinem Weisungsrecht nach dem Ort der Ausführung unterliegt ist in Anbetracht der vielfältigen heutigen Möglichkeiten im Home-Office zu arbeiten, kein taugliches Abgrenzungskriterium mehr“, LSG Hamburg, Urt. v. 26.01.2021 – L 3 BA 25/19).
Fazit
Allein die Tatsache also, dass Arbeitsleistungen/Dienstleistungen aus dem Home-Office erbracht werden, ist für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses irrelevant. Wer sich ernsthaft mit dem Gedanken trägt, Arbeitsverhältnisse in Freie Mitarbeiterverhältnisse „umzuwandeln“ sollte sich der hohen Hürden die damit verbunden sind und der Haftungsrisiken, bewusst sein.