Vorherige Abmahnung nicht erforderlich und Beginn der Frist des
§ 626 Abs. 2 BGB bei internal investigations
Will ein Unternehmen den Dienstvertrag mit einem Geschäftsführer aus wichtigem Grund beenden, so führt dies immer wieder zu diversen formalen Fragestellungen, angefangen bei der Zuständigkeit des Organs für die Entscheidung über das „ob“ der Kündigung, bis hin zur Zuständigkeit für den Ausspruch der Kündigung. Ein weiterer formaler Aspekt der häufig unklar zu sein scheint ist der Umgang mit einer eventuell erforderlichen Abmahnung. Aber auch der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB sorgt immer wieder für erhebliche Rechtsunsicherheit.
Klar ist aber, dass für die Kündigung eines Geschäftsführer Dienstvertrags eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich ist.
So bestätigt es auch das OLG Hamm in einer Entscheidung aus dem letzten Jahr (OLG Hamm, Urt. v. 29.05.2019 – 8 U 146/18). Gegenstand dieser Entscheidung waren gravierende Compliance Verstöße des Geschäftsführers, wegen derer das Dienstverhältnis mit diesem aus wichtigem Grund gekündigt werden sollte. In diesem Zusammenhang hat das OLG Hamm auch ausgeführt, dass sich der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB aus unternehmensinternen Gründen verschieben kann. Die Frist beginne nicht bereits mit Aufnahme der Ermittlungen, die die Entscheidung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses ermöglichen soll. In dem streitgegenständlichen Fall hatten sich die internen Ermittlungen tatsächlich – nicht zuletzt urlaubsbedingt und wegen Dienstreisen – über einen Zeitraum von zehn Wochen erstreckt.
Dies ist aber mit Nichten ein Freibrief, die Durchführung von internal investigations auf die lange Bank zu schieben. Im Zweifel liegt hier der Begründungsaufwand für eine überlange Dauer auf Seiten des kündigenden Unternehmens.
Dass die außerordentliche Kündigung eines Geschäftsführer Dienstvertrags regelmäßig keine vorherige Abmahnung voraussetzt, entspricht ständiger Rechtsprechung. So hat der BGH bereits im Jahr 2000 ausgeführt, dass das Institut der Abmahnung im Arbeitsrecht im Hinblick auf die soziale Schutzbedürftigkeit abhängig Beschäftigter entwickelt worden sei. Dieser Schutzgesichtspunkt könne bei Leitungsorganen von Kapitalgesellschaften nicht ausschlaggebend sein. Schließlich würden diese regelmäßig die ihnen obliegenden Pflichten kennen und wären sich über die Tragweite etwaiger Pflichtverletzungen auch ohne besondere Hinweise und Ermahnungen im Klaren. Soweit Pflichtenverstöße so gravierend sein, dass sie das Vertrauensverhältnis zu den Gesellschaftern oder anderen Organen der Gesellschaft zerstört hätten, käme eine Abmahnung ohnehin nicht in Betracht (BGH Urt. v. 14.02.2000 – II ZR 218/98).