Abgrenzungskriterien zum Freien Mitarbeiter
Die Frage, ob jemand abhängig Beschäftigter oder Selbstständiger ist, bestimmt sich nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Damit ist klar: Wer in einem Arbeitsverhältnis steht, ist Beschäftigter im Sinne der Norm, aber nicht nur der. Der Kreis der Beschäftigten im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ist weiter, als der der Arbeitnehmer im Sinne des § 611a BGB.
Annahme einer selbstständigen Tätigkeit
In der Praxis wird dies häufig verkannt und es herrscht noch immer der Fehlglaube, wer nicht Arbeitnehmer sei, sei selbstständig tätig und es müssten aus Sicht des Dienstnehmers keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden.
Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber Arbeitgebern. Nach § 28 e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, zu entrichten.
Abgrenzungskriterien der selbstständigen von der nicht selbstständigen Tätigkeit
Aus der gesetzlichen Norm ergeben sich bereits Abgrenzungskriterien für die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV. So spielt die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung eine Rolle. Relevanz ist aber der Frage beizumessen, ob ein unternehmerisches Risiko übernommen wird, wie es im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit üblich wäre.
Aktuelle Entscheidung des LSG Bayern, Beschl. v. 18.08.2023 – L 7 BA 72/23
B ER
Dem Aspekt der Übernahme eines unternehmerischen Risikos hat auch das LSB Bayern in einer aktuellen Entscheidung zu dem Beschäftigtenstatus von Fitnesstrainern gewichtet. Die Fitnesstrainer wurden von dem Fitnessstudio nach Zeitaufwand für die Durchführung von Fitnesskursen vergütet, und zwar unabhängig davon, ob fünf oder zwanzig Kursteilnehmer anwesend waren. Das unternehmerische Risiko lag damit beim Betreiber des Fitnessstudios. Auch der Aspekt der Eingliederung wurde bejaht, schließlich habe das Fitnessstudio die Durchführung der Kurse geplant und organsiert bzw. im Einzelfall aufgrund einer zu geringen Anmeldezahl über eine Absage entschieden. Das Fitnessstudio hat auch über die Art der durchzuführenden Kurse entschieden. Der einzelne Fitnesstrainer war also nicht berechtigt zu entscheiden, dass Yoga statt „Bauch-Beine-Po“ stattfindet. Demgemäß bejahte das Gericht sodann auch den Beschäftigtenstatus der Fitnesstrainer und bestätigte damit den Rückforderungsbescheid über Sozialversicherungsbeiträge (LSB Bayern, Beschl. v. 18.08.2023 – L 7 BA 72/23 B ER).
Resümee
Die Fitnesstrainer Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Anforderungen an eine „echte“ Freie Mitarbeit hoch sind und es in der Praxis in den seltensten Fällen gelingt, die für die Abgrenzung relevanten Aspekte zu erfüllen. Die finanziellen Risiken für die Unternehmen sind hoch. Wir unterstützen Sie gern bei der Frage, ob eine angestrebte Beschäftigung im Rahmen einer Freien Mitarbeit ausgestaltet werden kann.